
Wusstest du schon, dass Heilung nicht „wegmachen“, sondern integrieren bedeutet?
Immer mal wieder kommen Menschen mit einem großen Wunsch in die Therapie: „Ich möchte endlich, dass es aufhört.“ Die Panikattacken sollen verschwinden, die
Scham soll weg, die innere Leere soll sich endlich füllen. Und dieser Wunsch ist zutiefst verständlich. Niemand will leiden. Niemand möchte jeden Morgen mit einem Kloß im Hals oder einem Druck in
der Brust aufwachen.
Aber: Heilung bedeutet nicht, dass all das spurlos verschwindet. Heilung bedeutet, dass du lernst, dich selbst wieder zu halten - mit dem, was war, und mit dem, was
ist.
Wenn du dir deine Seele wie ein Mosaik vorstellst, dann sind die Bruchstücke deiner Erfahrungen nicht der Makel im Bild, sondern Teil seiner Schönheit. Manche
Klienten und Klientinnen sagen im Laufe einer Traumatherapie irgendwann den Satz: „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal dankbar sein kann für das, was mir passiert ist, aber ich sehe heute,
was es in mir geweckt hat.“
Das bedeutet nicht, dass das Leid gut war. Es war zu nichts gut, um es genau zu sagen. Denn es tat weh, hat zerstört, belastet, Krankheiten hervorgerufen. Aber:
Es heißt, dass etwas Heilsames daraus wachsen durfte, weil die Erinnerung integriert wurde, anstatt weiter verdrängt zu bleiben.
In der Gestalttherapie sprechen wir davon, das Unvollendete zu vollenden - wir "schließen eine Gestalt". Eine Klientin erzählte einmal, sie träume immer wieder, dass
sie in einem dunklen Haus steht und sich nicht traut, die Tür am Ende des Flurs zu öffnen. Statt zu analysieren, warum das so ist, blieb sie im Kontakt mit dem Bild. Ich fragte: „Nur mal ganz
theoretisch, also ein reiner Gedanke: Was würde passieren, wenn du dich dieser Tür langsam näherst?“ - Sie stockte, spürte ihr Herz klopfen, sagte dann: „Ich hab Angst. Aber ich will
wissen, was dahinter ist.“ Für die nächste Sitzung brachte sie ein Bild mit. Sie hatte das Haus, den Gang, die Tür gemalt. Sie erzählte, dass sei beim Malen viel geweint habe. Man sah sogar
Tränentropfen auf dem Bild. Wir arbeiteten mit dem Bild. In einer Imagination trat sie quasi in das Bild hinein wie in eine andere Zeit, wie in einen anderen Raum. Und sie traute sich die Tür zu
öffnen. Milton Erickson, der große Hypnotherapeut sagte einmal: „In der Trance machen wir all das, was wir im wirklichen Leben auch machen. Nur mit mit mehr Mut.“ - Deshalb konnte sie
die Tür öffnen. Hinter der Tür sah sie ein kleines Mädchen sitzen. Das Mädchen war sie selbst, etwa sechs Jahre alt. In diesem Moment geschah Heilung: nicht, weil der Schmerz verschwand, sondern
weil sie ihn zum ersten Mal halten konnte.
Heilung heißt, das Leben wieder zu spüren, auch mit seinen Schatten. Manchmal ist es die Erkenntnis: „Ich muss das nicht mehr verdrängen.“ Manchmal ist es
der Mut, zu sagen: „Ja, das gehört zu mir – aber es bestimmt mich nicht mehr.“
Unser Körper ist klug. Wenn er blockiert oder überreagiert, tut er das nicht, um dich zu quälen, sondern um dich zu schützen. In der Traumatherapie achten wir darauf, das Nervensystem zu
regulieren, bevor wir in die Tiefe gehen. Das kann bedeuten, erst einmal zu spüren, wo Sicherheit möglich ist: die Füße am Boden, der Atem in der Brust, der Kontakt mit der Umgebung. Denn Heilung
geschieht nicht im „Wegmachen“ des Schmerzes - sie geschieht in der Verbindung.
Verbindung zu dir selbst, zu deinem Körper, zu einem Menschen, der dich wirklich sieht.
Es gibt diesen Satz, der mir gut gefällt: „Narben sind die Beweise dafür, dass etwas aufgehört hat, weh zu tun.“ Narben bleiben sichtbar, aber sie verlieren
ihre Macht. So ist es auch in der Psyche.
Vielleicht wirst du nie vergessen, was passiert ist – aber du wirst dich daran erinnern können, ohne darin zu versinken. Und das ist wahre
Heilung.
Traumatherapie kann dir dabei helfen.
Wenn du Fragen hast – ich bin für dich da.